Eine Krise nach der Krise vermeiden: Thüringer Handwerkskammern appellieren, Aufträge zu vergeben
Die Handwerksunternehmen in Thüringen sind auf Aufträge angewiesen, um trotz der wirtschaftlich angespannten Situation optimistisch in die Zukunft blicken zu können. „Dass die Betriebe nur mit blauen Flecken, nicht aber mit einem Genickbruch aus der Corona-Zeit hervorgehen, liegt unter anderem auch an den Kommunen und den privaten Kunden. Die Nachfrage muss wieder steigen, um die Krise nach der Krise zu vermeiden. Schließlich ist das Handwerk der Wirtschaftsmotor Thüringens“, betonen die Hauptgeschäftsführer der Thüringer Handwerkskammern, Thomas Malcherek (HWK Erfurt), Hans Joachim Reiml (HWK für Ostthüringen) und Manuela Glühmann (HWK Südthüringen).
Seit dem Beginn der Corona-Krise wurden über die drei Organisationen insgesamt 6.900 Anträge auf Soforthilfe gestellt, davon 3.600 im Kammerbezirk Erfurt, 2.000 im Kammerbezirk Ostthüringen und 1.300 im Kammerbezirk Südthüringen. Damit meldet jeder vierte der insgesamt rund 30.000 Handwerksbetriebe im Freistaat einen Liquiditätsengpass. Um die finanzielle Lage nicht zusätzlich zu verschärfen und Betriebe an den Rand der Existenz zu drängen, braucht es einen erfolgreichen Neustart – und zahlreiche Aufträge. Bisher ist das Gegenteil der Fall: Laut einer aktuellen Umfrage hat mehr als die Hälfte der Betriebe (56 Prozent) mit stornierten Aufträgen von gewerblichen und/oder privaten Kunden zu kämpfen. „Das muss nicht sein. Unsere Handwerker wollen und können arbeiten, ohne das oberste Ziel – die Eindämmung der Corona-Pandemie – aus den Augen zu verlieren“, so die Hauptgeschäftsführer. Sie versichern, dass sich die Betriebe trotz der Arbeitsroutine an die Abstands- und Hygienemaßnahmen halten, so dass weder die Gesundheit der Mitarbeiter noch die Sicherheit der Auftraggeber gefährdet ist.
Während die Soforthilfen des Landes und des Bundes ein wichtiges Instrument für eine schnelle Unterstützung waren und sind, basiere der mittel- und langfristige Erfolg eines Handwerksbetriebs vor allem auf Kundentreue. „Im vergangenen Jahr haben viele Kunden noch über lange Wartezeiten gestöhnt. Jetzt ist die Zeit, die freien Kapazitäten der Handwerker für Vorhaben zu nutzen, die schon länger auf der persönlichen To-Do-Liste stehen“, sagen die Hauptgeschäftsführer. Jeder Auftrag wirke sich positiv auf das Geschäft des Handwerksbetriebs aus, und damit konsequenterweise auch auf die Möglichkeit, attraktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze anbieten und sichern zu können. „Fehlen die Aufträge, kommt das gesamte System ins Wanken. Das wirkt sich in direkter Form auf die Betriebe aus, die womöglich Kündigungen aussprechen oder gar schließen müssen, und indirekt auf die Attraktivität einer gesamten Region“, blicken Sie voraus.
Damit gerade öffentliche Aufträge schnell vergeben und bearbeitet werden können, setzen sich die Thüringer Handwerkskammern – wie auch schon vor der Corona-Krise – für eine Entschlackung der Bürokratie ein. „Die Zeit des Papiertigers muss vorbei sein. Statt Stunden am Schreibtisch zu verbringen, müssen die Betriebe ihre Kernkompetenz – das Handwerk – ausschöpfen können“, betonen die Verantwortlichen. Darüber hinaus müsse die öffentliche Verwaltung vor Ort wieder flächendeckend arbeitsfähig sein, um Handwerksunternehmen die für ihre Arbeit erforderlichen Bescheinigungen und Genehmigungen erteilen zu können.